Presseerklärung ARGE PareZu

Es gibt eine neue Hilfstaxe zur Abrechnung von parenteralen Zubereitungen (Stand: Beratungsgrundlage vom 28.01.2020), die voraussichtlich zum 01.03.2020 in Kraft tritt – eine Tatsache, die aus Gründen der Rechtssicherheit prinzipiell zu begrüßen wäre. Vergleicht man aber deren Inhalt mit den Anforderungen der täglichen Arbeit, fällt die Bewertung der momentanen Verhandlungsergebnisse allerdings deutlich negativ aus.

Arbeitspreis: Obwohl durch zwei unabhängig durchgeführte Studien[1] gezeigt wurde, dass der aktuelle Arbeitspreis angesichts der zu erfüllenden qualitativen Ansprüche viel zu niedrig angesetzt ist, blieben alle Arbeitspreise unverändert.

Verwürfe: Obwohl die Umständlichkeit der Prüfung und der Abrechnung der unvermeidbaren Verwürfe in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt hat, wurde an der grundlegenden Systematik des Verfahrens nichts geändert. Auch weiterhin gibt es kein kassenübergreifendes „Verwurfsrezept“.

Rückwirkung: Obwohl eine rückwirkende Rabattierung ein unzumutbares und existenzielles Risiko für die herstellenden Apotheken darstellt, wurden für zehn Wirkstoffe rückwirkende Rabatte bis zu 25 Prozent (für den Wirkstoff Treosulfan), die teilweise bis zum 15.04.2018 (für den Wirkstoff Trastuzumab, genauer für Herzuma®) zurückgreifen, vereinbart. Besonders ärgerlich ist zudem, dass dieser in der deutschen Industriegeschichte wohl einmalige Vorgang auch für die Zukunft fortgeschrieben wurde. So erlaubt die Vereinbarung für Wirkstoffe, die nach dem 01.03.2020 erstmalig in den Markt eingeführt werden, erneut eine rückwirkende Rabattierung (in der Höhe bestimmt nach den Zahlen, die der GKV-Spitzenverband dann ermittelt). Allerdings ist die Rückwirkung beschränkt auf einen Zeitraum von 16 Monaten (!?!).

Systematik: Obwohl die Hilfstaxe seit Jahren immer komplizierter und fehleranfälliger wird, ist ein Wechsel der Systematik wieder nicht gelungen. Die Gefahr von Retaxationen gerade für kleinere herstellende Apotheken wächst. Nach wie vor besteht der Hauptzweck der Hilfstaxe in der Festsetzung der Rabatthöhe auf einzelne Wirkstoffe. Da mit den Biosimilars eine neue, bisher in fast allen Fällen nicht austauschbare Wirkstoffgruppe Einzug gehalten hat, werden die Rabattsätze noch unübersichtlicher als bisher. Selbst mengenmäßig unbedeutende Wirkstoffe wie Treosulfan oder Streptozocin werden einzeln geregelt. Zudem sind im generischen Bereich inzwischen Rabatthöhen erreicht worden (bis zu 83,7 Prozent, zzgl. Herstellerrabatt), die zu immer mehr Lieferengpässen bei der Versorgung führen. Und zu allem Überfluss wurden neue Regelungen aufgenommen, die den Kassen den Abschluss von Verträgen nach §130a, Abs. 8a SGB V innerhalb der Hilfstaxensystematik ermöglichen.

Fazit: Viele Regelungen der neuen Hilfstaxe gefährden die wohnortnahe, kleinteilige Versorgung mit parenteralen Zubereitungen. Gerade kleinere Produzenten werden durch rückwirkende Rabattierungen, zu komplizierte Regelungen und zu niedrige Arbeitspreise in ihrer Existenz bedroht. Dabei sind es genau diese zubereitenden Apotheken, die die notwendige Adhoc-Versorgung mit kurzen Transportwegen und unter Einhaltung aller Haltbarkeitsvorgaben der Hersteller überhaupt ermöglichen. Insgesamt kann die faktische Fortschreibung eines ohnehin mangelhaften Schiedsspruches und dessen Anerkenntnis durch den DAV nur als schwerer Fehler und vertane Chance bezeichnet werden. Dieses Zwischenergebnis muss als Kapitulation vor den Positionen des GKV-Spitzenverbandes interpretiert werden. Die ARGE PareZu fordert deshalb eine Neuverhandlung des momentanen Ergebnisses und dringend eine Professionalisierung der Verhandlungsführung mit dem GKV-Spitzenverband.

 

Gez. Im Namen der ARGE PareZu

Dr. Thomas Wellenhofer                                                     Dr. Franz Stadler

 

  1. Refa-Gutachten: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-1-2019/argumente-fuer-die-130-euro-forderung und Franz Stadler: Was die Herstellung kostet. Deutsche Apotheker Zeitung, 158. Jahrgang, 30.08.2018, Nr. 35, S.50ff.