Am 23.09.2020 trafen sich in Ingolstadt Vertreter von 19 Sterilia zubereitenden Apotheken, die überwiegend aus Bayern, aber auch aus anderen Bundesländern kamen, um über aktuelle Probleme der Apotheken mit Reinraum zu sprechen. Geladen hatten zu diesem Treffen Dr. Thomas Wellenhofer und Dr. Franz Stadler, die beiden Initiatoren der ARGE PareZu.
Schon fast traditionell war das Startthema die Verwurfsproblematik und das Verhältnis zur AOK Bayern. Obwohl Anfang des Jahres erneut ein erstinstanzliches Urteil (Aktenzeichen S12 KR 365/14, Sozialgericht München) gegen das restriktive Vorgehen der AOK Bayern ergangen ist, das sich zudem gegen die gültige Hilfstaxe richtet, zieht sich die juristische Auseinandersetzung weiter in die Länge. Dabei sind allein die Angaben der Fachinformation zu den Haltbarkeiten der zubereiteten parenteralen Infusionen rechtssicher und belassen die Haftung für Wirksamkeit und Unbedenklichkeit beim pharmazeutischen Unternehmer, wie die Teilnehmer betonten. Einigkeit herrschte darin, gegen das Verhalten der AOK Bayern, nicht zuletzt wegen der Haftungsfragen, bis zu einer endgültigen Lösung weiter vorzugehen.
Bedauerlich in diesem Zusammenhang war der gegenüber mehreren Betroffenen angekündigte Rückzug des Bayerischen Apothekerverbandes (BAV) in dieser Angelegenheit. Deshalb erarbeiteten die Anwesenden einen Antrag für die am 24.09.2020 geplante Mitgliederversammlung des BAV (anbei), der die Wiederbelebung einer entsprechenden Arbeitsgruppe zum Ziel hatte und in München in einer Kampfabstimmung von den Mitgliedern des BAV inzwischen auch angenommen wurde.
Weitere Themen des arbeitsintensiven Treffens waren die Ausarbeitung einer Stellungnahme zur geplanten Erweiterung des §11 Abs. 3 ApoG, die zu einer weiteren Vermischung zwischen ambulantem und klinischem Bereich führen würde (ebenfalls anbei). Die ARGE PareZu sieht im Zwischenhandel von zubereiteten parenteralen Infusionen eine Gefährdung der Arzneimittelsicherheit und lehnt die im Entwurf zum VOASG (Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken) enthaltene Neuregelung entschieden ab. Ein zielführender Vorschlag zur Stärkung der flächendeckenden Versorgung im Sinne des Gesetzgebers wurde erarbeitet.
Selbstverständlich wurde auch anhaltend über die Folgen der AvP-Insolvenz diskutiert. Es herrschte große Einigkeit, dass die grundlegenden Systemfehler (Unterfinanzierung der Apothekenleistung bei gleichzeitiger überproportionaler Risikobeteiligung und veraltete, überbürokratische Abrechnungsstrukturen) behoben werden sollten. Gerade der anhaltende Trend zu hochpreisigen Rx-Arzneimitteln erhöht stetig das finanzielle Risiko für die mit ihrem Privatvermögen haftenden Apotheker. Die Gruppe wird die künftige Entwicklung dieses Falls kritisch beobachten und sich gegebenenfalls erneut zu Wort melden.
Gez.
Dr. Thomas Wellenhofer Dr. Franz Stadler
info@bahnhofsapotheke.de Dr.Stadler@Pillentaucher.de
Anlage 1: VOASG-Stellungsnahme
Änderung des §11 Abs 3 Apothekengesetz.
Dort ist geregelt, dass der Erlaubnisinhaber einer Krankenhausapotheke auf Anforderung eines Erlaubnisinhabers einer öffentlichen Apotheke anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen herstellen und an die öffentliche Apotheke abgeben darf.
Es gibt eine Initiative aus den Reihen des Bundesrates, diese Formulierung allgemein auf alle parenteralen Zubereitungen auszuweiten.
Hintergrund ist angeblich, die Versorgung mit Schmerzlösungen in der Fläche sicherstellen zu wollen.
Die Arge PareZu kann die Sorge des Gesetzgebers bezüglich bestehender oder behaupteter Versorgungsengpässe im Bereich der Sterilzubereitungen nicht nachvollziehen. Dort wo heute §11 Abs 3 basierte Versorgung stattfindet, kann nicht grundsätzlich von einem Versorgungsengpass durch niedergelassene Apotheken ausgegangen werden. Stattdessen lassen solche Strukturen vermuten, dass allein aus wirtschaftlichen Gründen krankenhausversorgende Strukturen in diesen Bereich eingedrungen sind.
Selbstverständlich ist die Versorgungssicherheit der Patienten und die Arzneimittelqualität das höchste Gut und unser ureigener Auftrag überall in Deutschland.
Das Ansinnen der Politik, für den Fall zukünftiger Versorgungsengpässe eine Regelung zu treffen, wird von uns ausdrücklich begrüßt.
Es ist jedoch zu beachten, dass durch die Formulierungen in der vorliegenden Form stattdessen Versorgungsstrukturen gefährdet, ja sogar zerstört werden. Dies liegt sicher nicht im Interesse der Politik.
Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit ist jede Art von Zwischenhandel auf ein Minimum zu beschränken.
Deshalb schlagen wir vor:
Die Anwendung der Versorgung nach §11 Abs 3 ApoG ist zu limitieren auf den tatsächlichen Fall eines lokalen und möglicherweise auch zeitlich begrenzten Versorgungsengpasses.
Der Versorgungsengpass ist kammerseitig festzustellen. Wir schlagen dazu ein analoges Vorgehen entsprechend der Zulassung von Rezeptsammelstellen vor, als Einzugsbereich sollte ebenfalls auf vorhandene Definitionen analog zur Heimversorgung zurückgegriffen werden.
Anlage 2: BAV Antrag
In Ergänzung des Antrages von Frau Sabine Wölfer zur Mitgliederversammlung des Bayerischen Apothekerverbandes 2020 fordern die Unterzeichnenden
- Die aktive Vertretung der tatsächlichen Anliegen der bayerischen Apotheken mit parenteraler Zubereitung durch den BAV,
- Eine eigene Verhandlungskommission für parenterale Zubereitungen,
- Eine Professionalisierung der Verhandlungskommission bei den Hilfstaxenverhandlungen,
- Eine Verstetigung des Personals dieser Verhandlungskommission,
- Eine Hinzuziehung von spezifischem Sachverstand mittels des VZA,
- Als vordringliches Ziel der Verhandlungen eine Erhöhung des Arbeitspreises entsprechend der vorliegenden aktuellen Gutachten (Refa-Gutachten, Vollkostenanalyse Dr.Stadler)
- Die Organisation regelmäßiger Treffen auf Bayernebene durch den BAV (siehe Hauptantrag Frau Sabine Wölfer).